ERSTATTUNGSANSPRUCH FÜR AUFGENOPERATIONEN

Erstattungsanspruch für Augenoperationen (z.B. refraktiver Linsentausch, Lasik-Behandlung) im Bereich der Privaten Krankenversicherung

Nicht selten lehnen Krankenversicherer pauschal die Kostenübernahmepflicht für einzelne Augenoperationen ab und behaupten, es handele sich um eine Life-Style Operation, die durch Brillen korrigiert werden könne. Zudem verweisen Sie auf die Operationsrisiken, um sich so der Zahlungspflicht zu entziehen. Auf Grund dessen wurde vermehrt gegen die privaten Krankenversicherer -mit Erfolg- geklagt.

Ausgangspunkt der Erstattungsansprüche privat Krankenversicherter gegen ihre Versicherung ist § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 MB/KK (Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung). Danach besteht grundsätzlich der Erstattungsanspruch, wenn eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegt, für die eine medizinisch notwendige Heilbehandlung indiziert ist.

Was ist eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen?

Klassischerweise werden Fehlsichtigkeiten wie die Kurzsichtigkeit (Myopie) oder die Weitsichtigkeit (Hyperopie) als Krankheiten im Sinne des Erstattungsanspruches angesehen. Aber auch eine Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) kann eine Krankheit darstellen. Gemein ist allen drei Augenerkrankungen, dass sie korrekturbedürftig sein müssen, um als Krankheit im Sinne des Versicherungsrechts zu gelten. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die betroffenen Patienten Hilfsmittel wie Brillen oder Kontaktlinsen verwenden.

Ebenfalls als Krankheit anzusehen sind Grüner Star (Glaukom) und Grauer Star (Katarakt). Allein problematisch ist lediglich die Beurteilung der Altersweitsichtigkeit (Presbyopie).

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 29.03.2017 (Az.: IV ZR 533/15 -, zu einer Lasik-Operation) klargestellt, dass bei Fehlsichtigkeiten das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Krankheit nicht mit dem Argument verneint werden kann, dass sie auf einem natürlichen Alterungsprozess beruht und bei 30-40 % der Menschen im mittleren Alter auftritt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, auf dessen Verständnismöglichkeiten es bei der Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen ankommt, wird davon ausgehen, zum Normalzustand der Sehfähigkeit gehöre ein beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr; er wird das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Krankheit annehmen, wenn bei ihm eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliegt, die ohne Korrektur ein beschwerdefreies Sehen nicht ermöglicht. Die Korrekturbedürftigkeit eines Zustands, der ohne seine Beseitigung oder die Anwendung von Hilfsmitteln wie Brille oder Kontaktlinsen die genannten Einschränkungen im täglichen Leben mit sich bringt, steht aus medizinischer Sicht außer Frage.

Somit hängt es von der Beurteilung im Einzelfall ab, ob die Altersweitsichtigkeit als Krankheit anzusehen ist oder nicht. Besteht die Altersweitsichtigkeit in Kombination mit einer weiteren Augenerkrankung, dürfte es wohl für den Versicherer schwer werden, diese nicht als Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne zu klassifizieren.

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Was ist eine Heilbehandlung im versicherungsrechtlichen Sinn?

Als Heilbehandlung gelten nach ständiger Rechtsprechung jede ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her auf Heilung, Besserung oder Linderung der Krankheit abzielt (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 29.03.2017, Az. IV ZR 533/15).

Darauf, ob die Durchführung der angedachten Therapie geeignet ist, die Fehlsichtigkeit zu korrigieren, kommt es bei der Prüfung der Frage, ob eine Heilbehandlung vorliegt, noch nicht an.

Wann besteht die medizinische Notwendigkeit zur operativen Korrektur?

Bei der medizinischen Notwendigkeit handelt es sich meist um den umstrittensten Punkt zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung. Vor Gericht kann es dann häufig notwendig werden, einen sachverständigen Gutachter hinzuzuziehen, der die medizinische Notwendigkeit im Einzelfall beurteilt.

Im Grundsatz ist von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung dann auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, ist grundsätzlich eine Eintrittspflicht des Versicherers gegeben (BGH, Urteil vom 29. März 2017, Az. IV ZR 533/15).

Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen (BGH, Urteil vom 8. Februar 2006, Az. IV ZR 131/05; Urteil vom 21. September 2005, Az. IV ZR 113/04).

Aufgrund der Vielzahl von Behandlungsmethoden und Krankheitsbildern ist die Rechtsprechung nicht in jedem Fall einheitlich. Dabei tragen auch Streitigkeiten um die Art der Abrechnung der jeweiligen Behandlung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) dazu bei, die Rechtslage noch unklarer erscheinen zu lassen.

Ungeachtet von den gebührenrechtlichen Streitigkeiten im Einzelfall möchten wir nachfolgende Entscheidungen zu verschiedenen Behandlungsmethoden von Augenerkrankungen darstellen, in denen wir unsere Mandanten bereits erfolgreich vertreten konnten.

LASIK

Der BGH hat bereits 2017 (Urteil vom 29.03.2017, Az. IV ZR 533/15) entschieden, dass eine Lasik-Operation an den Augen bei Myopie medizinisch notwendig sein kann. Dabei muss sich der Patient nicht auf das Tragen von Brillen oder Kontaktlinsen verweisen lassen:

„Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann die medizinische Notwendigkeit der Operation dabei nicht bereits mit Hinweis auf die Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden.

aa) Das Tragen einer Sehhilfe stellt in Bezug auf die Fehlsichtigkeit der Klägerin keine Heilbehandlung dar. Brillen und Kontaktlinsen sind lediglich Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden. Mit der Sehhilfe wird demnach – für den Einsatz von Hilfsmitteln kennzeichnend – unmittelbar eine Ersatzfunktion für ein krankes Organ wahrgenommen, ohne dessen Funktionsfähigkeit wieder herzustellen (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1986 – IVa ZR 78/85, BGHZ 99, 228 unter II 5 und vom 19. Mai 2004 – IV ZR 176/03, NJW-RR 2005, 260 juris Rn. 21). (…)

dd) Zudem ist für ihn nicht erkennbar, nach welchen Maßstäben sich die Subsidiarität von Heilbehandlungen gegenüber anderen Maßnahmen beurteilen soll. Übernimmt der Versicherer – wie hier der Beklagte – die Kosten einer „medizinisch notwendigen“ Heilbehandlung ohne für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Einschränkungen, so kann er ihn schon nicht auf einen billigeren oder den billigsten Anbieter einer Heilbehandlung verweisen, die er für medizinisch gleichwertig hält (Senatsurteil vom 12. März 2003 – IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154 unter II 2 b bb). Das gilt erst recht, wenn sich der Versicherungsnehmer in Bezug auf das Ausgangsleiden bislang keiner medizinischen Heilbehandlung unterzogen, sondern auf ein Hilfsmittel zurückgegriffen hat, das lediglich geeignet ist, eine Ersatzfunktion wahrzunehmen, ohne den eigentlichen regelwidrigen Körperzustand zu beseitigen.“

Jüngst entschied das Landgericht Augsburg mit Urteil vom 21.01.2022 in einer solchen Konstellation. Das Landgericht erteilte der Versicherung eine ganz klare Absage bei der Argumentation der Ablehnung der Versicherungsleistung. Denn auch in diesem Verfahren verweigerte die private Krankenversicherung die Übernahme der Kosten der ärztlichen Heilbehandlung zunächst unter Verweis auf die durch sie behauptete fehlende medizinische Notwendigkeit. Ganz offensichtlich rechnen die Krankenversicherer in diesen Fällen damit, dass die Mehrzahl der Versicherungsnehmer die Entscheidung über die Ablehnung der Kostenübernahme kommentarlos akzeptieren.

Hierzu können wir unter keinen Umständen ohne Rücksprache mit dem Arzt und einem auf Medizinrecht spezialisierten Anwalt raten. Auch wir prüfen diese Argumentation der Versicherung ganz genau und argumentieren mit der Rechtsprechung unter ärztlicher Beratung an Ihrem konkreten Einzelfall. Denn auch die Behauptung der Versicherer, es handele sich bei einem refraktiven Linsenaustausch um eine „risikobehaftete Life-Style OP“, ist schlechterdings nicht korrekt. Ein von der Versicherung in Auftrag gegebenes Gutachten, würde dies bestätigen, so oft die Begründung. Diesen Einwand können wir im Einzelfall durch ärztliche Stellungnahmen widerlegen, was zur Einholung eines neutralen Gutachtens führt.

Auch die Augsburger Richter führten in ihrem Urteil überzeugend aus, dass der Patient und Versicherungsnehmer, welcher vor der Behandlung von dem Arzt aufgeklärt wurde, gerade keiner Bevormundung durch seinen Krankenversicherer steht, welcher ihm vorgeben möchte, welche Risiken er eingehen sollte und welche nicht. Wir sind davon überzeugt, dass auch diese Entscheidung eine positive Signalwirkung entfalten und private Krankenversicherer dazu motivieren wird, berechtigte Ansprüche nicht mehr mit pauschalen Verweisen auf allgemeine Risken abzulehnen.

Refraktiver Linsenaustausch

Nach der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (Urteil vom 11.04.2019, Az. 7 U 146/18) ist ein refraktiver Linsenaustausch bei leichter Hyperopie und Presbyopie als medizinisch notwendig angesehen worden:

„Der refraktive Linsenaustausch ist geeignet, die Fehlsichtigkeit des Klägers zu beseitigen oder zumindest zu lindern, was der Sachverständige auf Nachfrage im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens bestätigt hat. (…)

Der beidseitige refraktive Linsenaustausch war nach den zuletzt getätigten Ausführungen des Sachverständigen auch indiziert. In den Empfehlungen der Kommission Refraktive Chirurgie (Anl. B 2) heißt es unter Ziffer 8 lit. b zum Anwendungsbereich des refraktiven Linsenaustauschs mit einer multifokalen IOL nämlich: „Hyperopie sowie hohe Myopie (> -6 dpt) bei gleichzeitig bestehender Presbyopie. Bei gleichzeitig bestehendem Astigmatismus kann sowohl eine torische IOL als auch ein Laserverfahren gemäß 1.1 bzw. 1.2 oder eine AK gemäß 3. angewandt werden“. Unter „Nebenwirkungen“ wird ausgeführt, dass in der Regel weder Fern- noch Lesebrille erforderlich seien, dass es jedoch zu einer Verschlechterung des Dämmerungssehvermögens mit Wahrnehmung von Halos und Blendung kommen könne, ferner nach Monaten oder Jahren zu einer sekundären Trübung hinter der neuen Kunstlinse (Nachstar), die mittels eines Lasers ohne erneute Eröffnung des Auges einfach behandelt werden könne. Da bei der Operation das Auge eröffnet werde, könne in extrem seltenen Fällen durch eine Infektion eine Erblindung auftreten. Als „Kontraindikationen“ genannt werden Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr. (…)

Da dem Sachverständigen zufolge (S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 28.03.2019, Bl. 172) Kontraindikationen nicht vorliegen, könnte eine Indikation allenfalls dann verneint werden, wenn Risiken und Nebenwirkungen so hoch wären, dass sie bereits aus objektiver Sicht die Vornahme des Linsenaustauschs beim Kläger ausschließen würden (vgl. LG Köln, Urteil vom 18.07.2012 – 23 O 213/11 -, VersR 2013, 54, Tz. 16; Kalis in Münchener Kommentar zum VVG, 2. Aufl. 2016, Rn. 23 zu § 192). Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich.“

Femtosekundenlaser

Nach einem Urteil des OLG Naumburg (Urteil vom 09.05.2019, Az. 4 U 28/16) ist die Behandlung eines Katarakts mittels Femtosekundenlaser grundsätzlich als medizinisch notwendig anzusehen:

„Im Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat keine Zweifel daran, dass die hier streitigen Heilbehandlungsmaßnahmen medizinisch notwendig waren.

Im Hinblick auf den Einsatz des Femtosekundenlasers ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen davon auszugehen, dass die Femtosekundenlaser-assistierte Kataraktoperation geeignet war, die Krankheit des Klägers zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken und wissenschaftlich anerkannt ist. Sie ist eine Methode, mit deren Hilfe getrübte Linsen auf dem menschlichen Auge entfernt werden können und gegenüber der Phakoemulsifikation sogar die höherwertige Alternative, weil neben dem Ultraschall (Phakoemulsifikation) zusätzlich ein Femtosekundenlaser zum Ansatz kommt, mittels dessen Hornhautschnitte angelegt, die vordere Linsenkapsel eröffnet und die Augenlinse zerkleinert wird. Die Sachverständigen haben zudem überzeugend erklärt, ein Überschreiten des aus medizinischer Sicht notwendigen Maßes sei im Falle der Verwendung des Femtosekundenlasers nicht zu erkennen.“

Zusammenfassung

Sobald alle drei Voraussetzungen – Krankheit, Heilbehandlung, medizinische Notwendigkeit – erfüllt sind, haben Sie als privat Krankenversicherter Anspruch dem Grunde nach auf Erstattung der Heilbehandlungskosten gegen Ihre Versicherung. Grenzen können sich durch die sog. Übermaßbehandlung oder durch die konkrete Abrechnung der behandelnden Ärzte ergeben.

Wir sind als im Medizinrecht tätige Anwälte auf derartige Rechtsfälle spezialisiert und können daher auf eine umfassende Expertise zurückgreifen, um Sie hierzu zu beraten und Sie bei der Durchsetzung Ihrer berechtigten Ansprüche unterstützen. Oftmals führt bereits ein klares außergerichtliches Anwaltsanschreiben zur Zahlung der Versicherung, sodass ein gerichtlicher Prozess vermieden werden kann.

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EUGH-URTEIL ZU KOPIERKOSTEN VON PATIENTENAKTEN

Eine neue wegweisende Entscheidung des EuGH:

Ärzte müssen die erste Kopie der Patientenakte an den Patienten ohne Berechnung der hierbei entstehenden Kopierkosten herausgeben

Urteil des EuGH vom 26.10.2023 - C-307/22

Der deutschen Regelung, wonach Patienten den Ärzten oder Krankenhäusern vorab die Kopierkosten ihrer Patientenakte bezahlen müssen, wurde durch den EuGH eine Absage erteilt. Nachdem der Patient bisher nach der deutschen Rechtsprechung die Kopie seiner Krankenakte nur erhielt, wenn er die angemessenen Kopierkosten hierzu zahlte, müssen nun Ärzte und Krankenhäuser ihren Patienten unentgeltlich eine erste Kopie ihrer Patientenakte herausgeben. Erst für eine zweite Kopie oder die Anforderung durch Erben oder Angehörige darf der bisher beanspruchte Kostenersatz verlangt werden. Anderweitige deutsche Regelungen verstoßen – so die Richter des EuGH in Brüssel- gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Im Streitfall hatte ein Patient den konkreten Verdacht, dass seiner Zahnärztin ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Um dies überprüfen zu können, verlangte er von ihr eine Kopie seiner Patientenakte heraus.

Nach der Rechtsprechung des BGH konnten die Ärzte und Krankenhäuser hierfür bis dato Ersatz der angemessenen Kosten verlangen, die ihnen durch das Kopieren der Patientendokumentation entstanden. Der Patient war in dem dortigen Streitfall allerdings der Ansicht, dass ihm die Kopie seiner Patientendokumentation unentgeltlich zustehe. Der Bundesgerichtshof hatte hierzu mit Beschluss vom 29.03.2022 Az. VI ZR 1352/20 die Angelegenheit an den EuGH verwiesen, der den unentgeltlichen Anspruch auf Aushändigung der Kopien sämtlicher Behandlungsdaten bestätigte.

Wird die Patientenakte elektronisch geführt, dann muss eine manipulationssichere Software verwendet werden. In diesem Fall kann die Patientenakte auch elektronisch übergeben werden.

Während die Patientenakte nach dem Patientenrechtegesetz unverzüglich herauszugeben ist, haben nunmehr die Ärzte und die Krankenhäuser die Daten innerhalb von 4 Wochen an den anfragenden Patienten herauszugeben. (Muster eines Schreibens s.u.)

Welche Daten werden hiervon erfasst?

Hierbei gilt der bisherige Grundsatz der Vollständigkeit der Patientendokumentation. Damit müssen alle in der Akte enthaltene Dokumente zur Verfügung gestellt werden, soweit diese zum Verständnis für den Patienten erforderlich sind. Umfasst sind danach sämtliche Akteninhalte und damit Daten aus der Patientenakte, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte oder Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen, enthalten.

Entgegenstehende deutsche Regelungen sind danach nicht mit der DSGVO vereinbar, selbst dann nicht mit dem Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden.

Dies gilt auch, soweit nach § 603 g Abs. 2 S. 2 BGB der Patient die Kosten für eventuell anzufertigende Abschriften dem Behandelnden zu erstatten hat. Denn eine Begründung für den Verwendungszweck muss der Patient nicht liefern. Er muss auch nicht darlegen, dass sein auf die DSGVO gestützter Anspruch keinen datenschutzrechtlichen Hintergrund hat.

Damit kommt es am Ende auch nicht mehr auf die Beweggründe des Einsichtsrechts an.

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Welche Ausnahmen gibt es hierzu?

Handelt es sich jedoch um „mehrere Leitzordner“, kann ein Kostenforderung im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein. So heißt es in dem vorstehenden Urteil des EuGH:


Folglich ergibt sich aus Art. 12 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO zum einen, dass die betroffene Person einen Anspruch darauf hat, eine erste unentgeltliche Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zu erhalten, und zum anderen, dass dem Verantwortlichen unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit eingeräumt wird, entweder ein angemessenes Entgelt zu verlangen, bei dem die Verwaltungskosten berücksichtigt werden, oder sich zu weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden, wenn dieser Antrag offenkundig unbegründet oder exzessiv ist.


Aber auch in diesem Fall dürfen Arzte und Krankenhäuser nur die Kopien selbst in Rechnung stellen, nicht aber zusätzlich den Arbeitsaufwand des Personals bei der Anfertigung der Kopien. Weder der EBM noch die GoÄ enthalten entsprechende Abrechnungsziffern. Eine weitere Ausnahme betrifft Erben und Angehörige, die die Unterlagen eines Verstorbenen anfordern. Diese haben wie bisher die angemessenen Kosten der Kopien zu zahlen, unabhängig davon, ob sie sich auf den Datenschutz oder das Patientenrecht des Patienten berufen.

In den begründeten Fällen des § 630 g Abs. 1 BGB ist aus therapeutischen Gründen oder bei „sonstigen entgegenstehenden erheblichen Rechten Dritter“ durch den Arzt oder dem Krankenhaus darzulegen, warum diese die Herausgabe der Patientenakte aus (datenschutzrechtlichen) Gründen verweigern.

Muster eines Schreibens - EINSCHREIBEN MIT RÜCKSCHEIN

Herausgabe der Patientenunterlagen nach der DSGVO
Ihr Patient:
Behandlungszeitraum:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der im Betreff genannten Angelegenheit bitte ich Sie höflichst um die Übersendung

– sämtlicher Behandlungsunterlagen (ambulant, sowie ggf. stationär und fremdbefundlich) einschließlich der
– vollständigen Bilddiagnostik;
– Berichtigungen und Änderung von Eintragungen sind neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar zu machen (§ 630f BGB).

die über die Behandlung meiner Person gefertigt wurden in Form der Herausgabe der Kopien, mithin einer kompletten und vollständigen Dokumentation in Papier- oder digitaler Form, einschließlich Duplikaten von Röntgenaufnahmen sowie Kopien anderer bildgebender Verfahren und Dokumentationen in digitaler Form sowie lesbare Abschriften bei handgeschriebener Dokumentation und Kürzel innerhalb der kommenden 4 Wochen.

Ich weise Sie darauf hin, dass Sie zur Herausgabe meiner vollständigen Patientendokumentation gem. § 630g BGB i. V. m. Art. 15 Abs. 3 DSGVO verpflichtet sind.

Art. 15 Abs. 3 DSGVO sieht grundsätzlich die kostenfreie Bereitstellung der Datenkopie vor, sofern diese erstmalig – wie in diesem Fall geschehen – angefordert wird. Anderenfalls bitte ich höflichst um Mitteilung, wer diese Akte bereits angefordert hat. In diesem Fall werde ich die üblichen Kosten hierfür tragen.

Für Ihre Bemühungen bedanke ich mich und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

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CYTOTEC - FLUCH ODER SEGEN BEI DER BEGURTSEINLEITUNG?

Wann muss das Klinikum bei der Gabe von Cytotec für einen Geburtsschaden zahlen?

Das LG Berlin spricht dem Geschädigten 300.000,00 EUR Schmerzensgeld zu, aber nicht, weil die Anwendung des Medikamentes ein Fehler ist, sondern weil die Mutter nicht über die Gabe und den damit möglicherweise verbundenen Risiken aufgeklärt wurde.

Immer wieder gibt es Berichte, Skandale und Aufregung über das Medikament Cytotec. Anfang 2020 brach die Diskussion um das Medikament Cytotec unter Betroffenen und Ärzten gleichsam erneut aus. Die Tagespresse berichtete deutschlandweit über das Medikament und den, bei dessen Anwendung im Rahmen der Geburtseinleitung beobachteten, teils sehr schweren, Komplikationen. Zahlreiche Betroffene hegten nun den Verdacht, dass die von ihnen erlittenen Geburtsschäden im Zusammenhang mit der Gabe von Cytotec stehen könnten. Binnen einer Woche gingen mehr als 250 Verdachtsmeldungen bei dem Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein. 

Auch das Berliner Landgericht hatte über einen Fall zu entschieden, bei dem es durch die Gabe von Cytotec zu Komplikationen unter der Geburt und zu schweren gesundheitlichen Einschränkungen des Kindes kam. Geklagt hatte ein 11-Jähriger Junge im Namen seiner Eltern, der im November 2009 per Notkaiserschnitt zur Welt kam, nachdem seine Mutter das Präparat Cytotec zur Geburtseinleitung erhielt. Durch die komplizierte Geburt ist der Kläger heute schwerbehindert. Neben einer Entwicklungsretardierung leidet er unter anderem auch unter einer infantilen Zerebralparese (einer Bewegungsstörung durch eine frühkindliche Hirnschädigung), unter einer Mikrozephalie (einer Störung bei der der Kopf eine verhältnismäßig kleine Größe aufweist), unter einer Hüftluxation, unter Schielen und einer Muskelhypotonie.

Am 02. Juli 2020 sprach das Gericht dem Jungen für das Erleiden dieser Gesundheitsschäden ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 EUR zu. Der Haftungsgrund lag aber nicht -wie sooft publiziert- in der Medikamentengabe als Fehler. Vielmehr konnte das beklagte Klinikum in dem Rechtsstreit nicht beweisen, die Mutter des zu gebärenden Kindes ordnungsgemäß über die Einleitung der Geburt mit Cytotec aufgeklärt zu haben. Damit war die Einwilligung der Mutter des Klägers in die Gabe von Cytotec und damit in die Einleitung der vaginalen Geburt unwirksam und diese infolgedessen rechtswidrig, § 630d Abs. 2 BGB. Aus diesem Grund heraus musste das Klinikum dem Jungen den Schadensersatz leisten.

1. Aufklärung

„Aber ich habe doch unterschieben?“

Vor der Behandlung muss der Patient „im Großen und Ganzen“ über die nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken einer ordnungsgemäßen Behandlung, insbesondere Art, Bedeutung, Verlauf und Folgen des Eingriffs aufgeklärt werden. So definiert der BGH in seiner Entscheidung (BGH NJW 2019, 1283, 1284) die Grundaufklärung eines Patienten, damit dieser wirksam in die Behandlung einwilligen kann. Fehlt es an einer solchen Grundaufklärung, dann haftet der Arzt auch für den Eintritt fern liegender Risiken. In diesem Fall ist die zuvor erteilte Einwilligung des Patienten, z.B. durch Unterschrift auf dem Aufklärungsbogen unbeachtlich. Denn bei fehlender Grundaufklärung ist das Selbstbestimmungsrecht des Patienten im Kern genauso verletzt, als wenn der Arzt den Eingriff auch gänzlich ohne dessen Zustimmung vorgenommen hätte. Danach haftet der Arzt sogar bei ausgebliebener oder bei fehlerhafter Grundaufklärung auch dann, wenn sich anstatt des aufklärungspflichtigen Risikos, ein nur äußerst seltenes, nicht aufklärungspflichtiges Risiko verwirklicht hat. Dies entschied der BGH in seinem Urteil vom 28. Mai 2019 – VI ZR 27/17.

 

In einem Prozess gegen ein Klinikum oder den behandelnden Arzt müssen daher diese den Nachweis einer vollständigen und rechtzeitigen Aufklärung führen. In dem Fall der Anwendung des Medikamentes Cytotec ist den dortigen Ärzten dieser Nachweis nicht gelungen, die Mutter hiervon informiert zu haben, so dass die Gabe von Cytotec unter der Geburtseinleitung nicht mehr von der Zustimmung der Mutter zur Entbindung von ihrem Sohn gedeckt war.  

 

Die Besonderheit bei Cytotec ist darüber hinaus dessen fehlende Zulassung in der Gynäkologie, dem sog. Off-Label-Use. Diese fehlende Zulassung führt jedoch nicht per se zu der Unzulässigkeit seines Einsatzes. Der Pharmahersteller hat sich nur bewusst dagegen entschieden, die Zulassung für diese Anwendung -aus welchen Gründen auch immer- zu beantragen. Dem Arzt ist es im Rahmen seiner Therapiefreiheit gestattet, auch nicht zugelassene Arzneimittel bzw. Arzneimittel außerhalb des zugelassenen Indikationsgebietes anzuwenden. Ein Off-Label-Use ist damit auch zulässig, wenn der Arzt sämtlicher Vor- und Nachteile des nicht zugelassenen Medikaments im Vergleich zu den zugelassenen Substanzen abwägt und sich für ihn ein Nutzen ergibt, sofern er dieses Wissen an den Patienten weitergibt.

 

Denn der Patient muss auf den Umstand des Off-Label-Use ausdrücklich hingewiesen werden. Er muss damit die Chance bekommen, die von dem Arzt geschilderten Vor- und Nachteile sorgsam abzuwägen, um für sich eine Entscheidung zu treffen.

 

Dieser allgemeine Grundsatz ist auch auf die Gabe von Cytotec unter der Geburtseinleitung anzuwenden. Ärzte kritisieren dies gelegentlich, denn Cytotec wird von namenhaften Geburtsmedizinern in ganz Deutschland seit Jahrzehnten zur Geburtseinleitung angewandt. Dennoch ist der jahrzehntelange Einsatz keine Legitimation zur unaufgeklärten Anwendung. Denn dem Patienten muss nach wie vor die Möglichkeit eröffnet werden, sich über die Gründe für die Nichtzulassung des Medikaments in Deutschland zu informieren und in seine Entscheidungsfindung einzubeziehen. Egal, ob das Fehlen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung wirtschaftliche oder medizinische Gründe hat.

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2. Ist die Gabe von Cytotec ein Behandlungsfehler?

In dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin konnte die Frage nach dem Behandlungsfehler selbst offenbleiben, da bereits keine ordnungsgemäße Grundaufklärung der Mutter des dortigen Klägers erfolgte. Nur wenn die beklagten Ärzte hätten beweisen können, dass der Mutter eine allgemeine Vorstellung über die Art der Belastung und die Schwere des Eingriffs sowie die spezifischen Risiken einer Geburtseinleitung durch die Einnahme von Cytotec erklärt wurden, dann wäre die Frage eines behaupteten Behandlungsfehlers bei der Anwendung zu prüfen gewesen. Hierzu kam es nicht, da die Anwendung mangels Zustimmung der Mutter nicht rechtmäßig war und bereits die Haftung des Klinikums auslöste.

Haftungsauslösend war daher ausschließlich die fehlende Aufklärung der Mutter des Klägers über die Behandlungsalternativen und über die Risiken des Präparats. Denn wäre sie von den Behandlern über die Risiken des Präparats, sowie dessen Anwendung außerhalb des eigentlichen Zulassungsbereiches informiert worden, so hätte sie sich unter Inkaufnahme der Risiken direkt für einen Kaiserschnitt entschieden, so die Argumentation der Mutter.

Ohne die Gabe von Cytotec- so führte der gerichtlich bestellte Sachverständige aus- wäre es zu keiner Plazentaablösung und damit auch nicht zu den schwerwiegenden körperlichen und geistigen Einschränkungen des Kindes gekommen.

Das Gericht nahm auch keine hypothetische Einwilligung der Kindesmutter an. Für eine hypothetische Aufklärung sei gedanklich immer die Hypothese einer ordnungsgemäßen Aufklärung vorauszusetzen. Dem Klinikum sei in dem Rechtsstreit jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass die Mutter des Klägers sich auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zu einer Geburtseinleitung mit Cytotec entschieden hätte.

3. Was ist Cytotec und darf der Arzt es überhaupt zur Geburtseinleitung einsetzen?

Das Medikament Cytotec (Wirkstoff Misoprostol) ist ein Medikament zur Vorbeugung und Behandlung von arzneimittelbedingten Magenschleimhautschädigungen. Internistisch wird es zudem zur Behandlung von akuten Zwölffingerdarmgeschwüren eingesetzt.

Viele deutsche Geburtshelfer wenden Cytotec jedoch außerhalb des Zulassungsbereiches im Rahmen der Geburtshilfe an. Auf Grund bestimmter Risikokonstellationen und entsprechenden Publikationen zählt Cytotec heute zu den meist umstrittensten Wirkstoffen. Sogar das Bundesinstitut für Arzneimittel warnt vor den erheblichen Nebenwirkungen bei der off-label Anwendung des Medikamentes in den sogenannten „Rote-Hand-Briefen“ des BfArM aus den Jahren 2017, 2020.

Der Einsatz von Cytotec zur Geburtseinleitung kann einen Gebärmutterrisses oder einen Wehensturm auslösen und damit erhebliche Gefahren für Mutter und Kind schaffen. Unter anderem führt eine Plazentaablösung zu einer Reduzierung der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Fötus und damit zu der Gefahr eines Hirnschadens, einer globale Entwicklungsstörungen und geistige Entwicklungsverzögerungen. Einige Mütter seien an der Einnahme des Präparats verstorben. Die meisten Kliniken verteidigen den Einsatz von Cytotec und auch die deutsche Gesellschaft für Gynäkologie befürwortet ausdrücklich den Einsatz des Wirkstoffs Misoprestol im Rahmen der Geburtshilfe.

Für die Betroffenen Familien, bei denen es durch Cytotec zu Komplikationen oder gar dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Mutter oder Kind kam, scheint das unverständlich, da sie an den Folgen ein Leben lang leiden.
Der Hersteller hat das Präparat bereits im Jahr 2006 vom deutschen Markt genommen, als sich die ersten Verdachtsmeldungen häuften. Dennoch wird Cytotec weiterhin eingesetzt, zum Teil als Re-Import aus dem Ausland bezogen. So kommt es bis heute weiterhin zu schweren Geburtsschäden und Komplikationen im Zusammenhang mit der Gabe von Cytotec bei der Einleitung der Geburt.

4. Was können Sie tun, wenn auch Sie Cytotec erhalten und hierdurch ei-nen Schaden erlitten haben?

Trotz der vermeintlich verbesserten Stellung des Patienten durch das Patientenrechtegesetz trifft die Beweislast eines Behandlungsfehlers und dem darauf beruhenden kausalen Schaden immer den Patienten mit nur einigen wenigen Ausnahmefällen, wie dem groben Behandlungsfehler und der korrekten Aufklärung. Denn im Rahmen der Selbstbestimmungsaufklärung muss der ärztliche Behandler die korrekte Aufklärung des Patienten nachweisen.

Daher muss im Einzelfall anhand der Patientendokumentation geprüft werden, ob Ihnen Schadensersatzansprüche zustehen und welche Chance Sie haben, diese auch gegenüber dem Arzt durchzusetzen. Leider sind diese Fragen nicht pauschal zu beantworten, sondern bedürfen der sorgfältigen Prüfung durch einen qualifizierten Fachanwalt für Medizinrecht. Denn dieser wird an Hand der -möglicherweise nicht auf den ersten Blick erkennbaren Details Ihrer Fallgestaltung und in akribischer Prüfung der Dokumente- beraten und alle Wege aufzeigen, um Ihre berechtigten Interessen durchzusetzen.

Hierzu stehen Ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse. Diese hilft Ihnen, wenn Sie das Vorliegen eines Behandlungsfehlers vermuten. Sie erstellt kostenlos ein medizinisches Gutachten durch den MD.
  • Sie können sich auch direkt an Ihren Behandler wenden, Ihren Anspruch geltend machen und um Zustimmung zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bei der für Ihren Fall zuständigen Schlichtungsstelle bitten. 
  • Gern können Sie sich auch direkt an uns wenden. Wir werden die Patientenakte anfordern und Sie sodann ausführlich über Ihre Rechte und Ihre Chancen informieren.

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Landgericht Gera, Vergleich v. 16.08.2018, Az.: 4 O 1109/14

Unser Mandant und Patient der Universitätsklinik Jena wurde im Jahr 2006 für eine Lebertransplantation in der beklagten Klinik vorbereitet. Ursächlich für die Transplantation der Leber war eine Hepatitis B Erkrankung mit Beteiligung des Delta-Virus und einer konsekutiver Leberzirrhose. Die Transplantation war für unseren Mandanten alternativlos.

Im April 2017 konnte eine erste Lebertransplantation durchgeführt werden. Es kam im Rahmen der Lebertransplantation zu einem akuten, ersatzpflichtigen Nierenversagen. Aufgrund des komplizierten Verlaufs nach der ersten Lebertransplantation mit Transplantatversagen, musste drei Tage später eine erneute Transplantation durchgeführt werden, die erfolgreich verlief. In der Folge musste nochmals eine Relaparotomie durchgeführt werden. Der Patient bekam zur Reinfektionsprophylaxe der Hepatis B die Medikamente Epivir und Hepsera® 10mg (1-mal tgl.) auch nach der Transplantation bis ins Jahr 2013 verabreicht, ohne die Dosierung des Medikamentes Hepsera® aufgrund der geänderten Nierenfunktionswerte anzupassen. Zum Zeitpunkt der Transplantation lagen bei dem Patienten derart pathologische Nierenfunktionswerte vor, so dass nach der Fachinformation für Hepsera® die Gabe nicht mehr empfohlen wird und nur in Betracht gezogen werden sollte, wenn der mögliche Nutzen das mögliche Risiko überwiegt. Im vorliegenden Fall überwog der Nutzen das Risiko nicht, sondern es lag sogar eine Kontraindikation vor.

Dennoch wurde dem Patienten ab 2009 über mehrere Jahre das Medikament Hepsera® in unverändert hoher Dosis verabreicht.

Hepsera® kann sowohl eine Myopathie als auch einen tubulointerstitiellen toxischen Schaden und eine Osteoporose bzw. Osteopenie begünstigen. Auch kann die Überdosierung zu einer Verschlechterung eine vorbestehende Nierenfunktionsstörung führen.

Eine Dosierungsanpassung ist im gegebenen Zeitraum trotz nephrologischer und transplantationsmedizinischer Nachkontrollen und dem Hinweis der Nachbehandler behandlungsfehlerhaft unterblieben.

Hierdurch erlitt unser Mandant schwere Dauerschäden, nämlich Dauerschmerzen im gesamten Körperbereich, schwere Schädigung der transplantierten Leber in Folge der fehlenden Weiterbehandlung mit einem antiviralen Medikament nach Absetzen von Hepsera® im Jahr 2013 und der hierdurch aufgetretenen Reinfektion der Leber, massive Schäden der Nieren und ein Hinterwandaneurysma. Der Kläger musste eine Odyssee an Krankenhausaufenthalten und Behandlungen auf sich nehmen, da die spezialisierten Ärzte nicht feststellten, dass die schwere Erkrankung unseres Mandanten eine Nebenwirkung eines überdosierten Medikamentes ist. Es wurde immer behauptet, der Patient leide an seiner Grunderkrankungen, ohne seinen Beschwerden wirklich auf den Grund zu gehen.

Nicht selten leiden Patienten unter den schweren Folgen der Medikamente. Wenn es sich dabei um Beschwerden handelt, die bei korrekter Indikation, Dosierung und Aufklärung entstehen, scheidet eine Haftung des Arztes aus. Denn in diesem Fall handelt es sich um bekannte Nebenwirkungen, die auch bei ordnungsgemäßem Gebrauch entstehen.

Anders hingegen, wenn keine Indikation zur Medikamentengabe besteht. In diesem Fall handelt es sich um einen klassischen Behandlungsfehler, für dessen Folgen der Arzt haftet. Ebenso liegt ein Fall des Behandlungsfehlers vor, wenn das falsche Arzneimittel verordnet oder verabreicht oder fehldosiert wird. Studien zufolge treten die meisten Fehler bei der Verabreichung von Medikamenten auf. Aber auch im Bereich der fehlerhaften Verordnung liegen die Zahlen schon lange nicht mehr im Promillebereich.

Die meisten Medikationsfehler richten glücklicherweise wenig bis gar keinen Schaden an (72%). 2% der Fehler bedingen jedoch schwerwiegende Folgen, im schlimmsten Fall sogar den Tod des Patienten. Die übrigen 26 % leiden an den Nebenwirkungen, die bei richtiger Verordnung nicht aufgetreten wären, sind aber nicht auf Dauer angelegt. Bedenkt man, dass sich viele Patienten blind auf Ihren Arzt verlassen, dann sind diese Zahlen ernüchternd, denn diese Zahlen enthalten noch keine Fehler durch den Patienten selbst.

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/Medikationsfehler) hat über einen Zeitraum von über zwei Jahren Medikationsfehler erfasst und bewertet. Dabei ist folgende Statistik bei der Anwendung von Medikamenten zu erkennen gewesen:

  • Fehler bei der Einnahme 30 %
  • Fehler bei der Verordnung 28 %
  • Fehler bei der Abgabe 24 %

Dabei war erkennbar, dass die häufigsten Fehler (45%) im Krankenhaus selbst auftraten. In Arztpraxen waren 23% der Fehler zu verzeichnen. 21% der Fehler selbst sind auf die Patienten zurückzuführen.

Die meisten Fehler traten hierbei in der Medikation folgenden Substanzen auf:

  • Bluttransfusion
  • Schmerzmittel
  • Blutgerinnungshammer
  • Diphtherieimpfstoff
  • Zytostatika
  • Tetanusimpfstoff
  • Impfstoff gegen Influenza, Hirnhautentzündung
  • Psychopharmaka

Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie mit einem Medikament fehlerhaft behandelt worden, können Sie uns Ihre Vermutung gern schildern und wir prüfen Ihr Anliegen. Bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf!

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ORGANDSPENDE UNTER LEBENDEN ANGEHÖRIGEN

BGH-Entscheidung vom 11.Februar 2020 – VI ZR 415/18

OLG Jena 7 U 593/17 Vergleichszahlung 100.000,00 EUR

Die Organspende ist ein viel und kontrovers diskutiertes Thema. Nahezu Einigkeit besteht hinsichtlich des Nutzens des Empfängers, wenn dieser für sein eigenes Überleben menschliche Organe zur Transplantation von einem Organspender erhält. Fast jedes Organ -vorausgesetzt ist dessen Gesundheit- kann heute transplaniert werden.

Aber auch Lebendorganspenden sind mittlerweile nicht mehr selten. Hier werden einem gesunden Menschen ohne medizinische Notwendigkeit Organe oder Organteile zur Spende entnommen.

Derzeit werden in Deutschland vor allem Nieren und Teile der Leber von lebenden Spender*innen auf Empfänger*innen übertragen. Medizinisch möglich und gesetzlich erlaubt ist auch die Übertragung eines Teils der Lunge, des Dünndarms und der Bauchspeicheldrüse. Die Lebendorganspende dieser Organe wird jedoch in Deutschland kaum durchgeführt. Die Spende einer Gebärmutter ist hier zutage in der Experimentalphase. 

 

Da bei der Lebendorganspende der Schutz der Gesundheit der Spender*in ein besonders hoher Stellenwert einzuräumen ist, wurde diese gesetzlich sehr streng geregelt und war daher in der jüngsten Vergangenheit gleich mehrfach Verfahrensgegenstand beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, der die Revisionen in allen Fällen zuließ (Urteile vom 29. Januar 2019 – VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17; sowie vom 11.Februar 2020 – VI ZR 415/18).

 

In seinen Urteilen hat der BGH diese Verfahren an das Ausgangsgericht, dem jeweils vorentscheidenden OLG zurückverwiesen, da diese das Aufklärungserfordernis und die Einwilligung des Spenders fehlerhaft bewerteten. Denn nach den Feststellungen des BGH wurden die jeweiligen Kläger, nicht ordnungsgemäß über die gesundheitlichen Folgen der Organentnahme für ihre eigene Gesundheit aufgeklärt. Damit ist die von den Klägern erteilte Einwilligung in die Organentnahme unwirksam und der Eingriff jeweils rechtswidrig. Die transplantierenden Ärzte wandten hiergegen ein, dass die Kläger auch bei korrekter Aufklärung, dem sog. rechtmäßigem Alternativverhalten, in jedem Fall in die Lebendspende eingewilligt hätten.

 

Der für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des BGH hat in seinen Urteilen zu den Lebendorganspenden auch zu weiteren juristischen Problemen Stellung genommen. Es wurden nämlich zusätzliche Rechtsfragen dergestalt beleuchtet, ob die Anwesenheit eines unbeteiligten Arztes und die qualifizierte Niederschrift tatsächlich „nur“ transplantationsrechtliche Erfordernisse sind oder sogar auf die Einwilligung des Spenders Einfluss nehmen, oder ob die hypothetischen Einwilligung aus dem Patientenrechtegesetz (§ 630 h Abs. 2 Satz 2 BG) gilt, auch wenn es diese nach dem Transplantationsgesetz nicht gibt. Diese Inhalte lassen vermuten, dass die Entscheidungen des BGH bereits an dieser Stelle über den Einzelfall hinausgehend Bedeutung haben werden. Denn aller Voraussicht nach werden diese Feststellungen zukünftig den Maßstab setzen, wie ein potentieller Lebendorganspender aufzuklären ist, um wirksam in die Lebendorganspende einwilligen zu können.

 

Der vorstehende Rechtsstreit (BGH-Entscheidung vom 11.Februar 2020 – VI ZR 415/18; OLG Jena 7 U 593/17) wurde durch unsere Kanzlei, nach dem der BGH die Angelegenheit an das OLG Jena zurückverwiesen hat, verhandelt.

 

Unsere Mandantin wollte ihrer kranken Mutter einen Teil ihrer Leber spenden. Sie nahm jedoch selbst über Jahre hinweg Psychopharmaka ein. Ihre Leber war so vorgeschädigt, dass unsere Mandantin mehr nicht als Spenderin in Betracht kam. Die Universitätsklinik wusste um die Medikamenteneinnahme der Tochter, hat sie aber dennoch als Spenderin zugelassen. Aufgeklärt wurde sie durch einen Facharzt über die Ausführung und die klassischen Komplikationen bei einer Lebensleberspende ohne Hinzuziehung eines unbeteiligten Arztes. Über die möglichen psychischen Folgen für sie nach der Spende wurde sie hingegen nicht aufgeklärt. Unsere Mandantin willigte in die OP ein. Noch während der Operation bemerkten die Ärzte, dass ihre Leber für eine Spende nicht in Betracht kommt und haben die Operation abgebrochen.

Es kam, wie es kommen musste. Unsere Mandantin erlitt verfahrensimmanente Komplikationen, wie Narbenbrüche und eine schwere Depression, an der sie noch heute leidet. Sie entschied sich, das Klinikum zu verklagen und unterlag in zwei Instanzen, bis der BGH die Urteile aus oben benannten Gründen aufhob und das Verfahren zurück an das OLG verwies. Nach einer ausführlichen Beweisaufnahme durch Vernehmung der aufklärenden Ärzte und unserer Mandantin war das Gericht nicht mehr von einer hinreichenden Aufklärung überzeugt und unterbreitete den Parteien den Vergleich, den Rechtsstreit gegen eine Abfindung in Höhe von 100.000,00 EUR zu beenden. Beide Parteien haben diesem Vergleich zugestimmt.

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Landgericht Gera, Urteil v. 14.09.2021, Az.: 6 O 1178/17

Wir vertreten in diesem Fall eine kleine Patientin, die völlig gesund geboren wurde. Leider wurde durch die Weihnachtsfeiertage verabsäumt, das Laborergebnis zur Eiweißverträglichkeit abzuwarten und der kleinen Neugeborenen wurde Milch zugefüttert. Alle Zeichen der Unverträglichkeit auf das Milcheiweiß wurden ignoriert, so dass das kleine Mädchen einen schweren Hirnschaden davontrug.

Außergerichtlich haben wir die, hinter der Klinik stehende Haftpflichtversicherung zur Anerkennung des Schadenfalls aufgefordert. Die Haftpflichtversicherung hat unser Begehren abgelehnt und erklärt, keinen Fehler erkennen zu können. Daher mussten wir zur Sicherung der Ansprüche unserer Mandantin vor Gericht klagen. Eine exzellente Universitätsprofessorin wurde durch das Gericht als Gutachterin bestellt, die ein schriftliches Gutachten erstellte und dieses auch mündlich erläuterte. Zweifel an den Fehlern der ärztlichen und nichtärztlichen Behandler blieben danach nicht mehr offen.

Das LG Gera verurteilte die beklagte Klinik daher auf ein Teilschmerzensgeld von 250.000 € und stellte fest, dass die beklagte Klinik darüberhinausgehend für sämtliche kausale immateriellen und materiellen Schäden der Klägerin gegenüber schadenersatzpflichtig ist.

Wir werden außergerichtlich weiteres Schmerzensgeld fordern. Gleichzeitig werden wir die materiellen Schäden, so wie sie unserer Mandantin entstehen werden, insbesondere die vermehrten Bedürfnisse, den Sonderbedarf und zukünftig auch den Verdienstausfall- und Rentenschaden nachfordern. Da die Verantwortlichkeit der Ärzte nunmehr nicht infrage steht, werden diese Forderungen auch außergerichtlich erledigt werden können.

 

Zu den Gründen der Verurteilung:

Der beklagten Klinik ist eine verspätete Diagnostik der IVA als Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers vorzuwerfen. In Zusammenschau der klinischen Symptomatik und der auffälligen laborchemischen Befunde, bestand bei der Klägerin der höchstgradige Verdacht auf eine Stoffwechselstörung aus dem Formenkreis der Organazidämien. Insbesondere die klinische Symptomatik zusammen mit der respiratorisch kompensierten metabolischen Azidose und der großen Anionenlücke waren neben anderen laborchemischen Befunden wegweisend für die Verdachtsdiagnose einer Isovalerianazidämie (IVA) gewesen. Weitere Befunde zur differentialdiagnostischen Abklärung wurden nicht erhoben, was gegen den neonatologischen Standard verstoßen hat. Die Klägerin wurde weiterhin eiweißreich ernährt, ohne vorher eine IVA auszuschließen. Weiterhin erfolgte keine Verlegung in die Universitätsklinik, was der beklagten Klinik ebenfalls als behandlungsfehlerhaftes Vorgehen vorzuwerfen ist.

Infolge der Behandlungsfehler der beklagten Klinik, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit infolge des Anfalls von toxischen Stoffwechselprodukten im Rahmen der Stoffwechselentgleisung zu einer metabolischen Enzephalopathie mit Hirnödementwicklung und aufgrund der mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit mit der IVA assoziierten Gerinnungs- und Durchblutungsstörung zu einer Kleinhirnblutung mit dauerhaften Hirnschädigung der Klägerin gekommen.

Aus dieser Schädigung heraus erhielt die Klägerin das Teilschmerzensgeld i.H.v. 250.000 € zugesprochen. Gleichzeitig stellte das Gericht fest, dass sämtliche materielle Schadensersatzansprüche, die auf diese kausale Schädigung in der Klinik zurückzuführen sind, für die Vergangenheit und die Zukunft zu zahlen sind.

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Die elektronische Patientenakte in Krankenhäusern

In Arztpraxen wurde die elektronische Patientenakte bereits Anfang 2021 eingeführt. Ab Januar 2022 gilt nunmehr die elektronische Patientenakte (ePA) auch in den deutschen Kliniken.

Die elektronische Patientenakte ist eine digitale Anwendung, in die gesetzlich Krankenversicherte selbst Gesundheitsinformationen ablegen und Dokumente der behandelnden Ärzte einstellen lassen können.

Die ärztlichen Behandler, denen Sie eine Berechtigung zum Zugriff auf die ePA erteilt haben, können Behandlungsunterlagen wie

  • Befunde,
  • Diagnosen,
  • Arztbriefe,
  • Laborberichte,
  • Therapiepläne
  • einstellen.

In die elektronische Patientenakte können auch Sie selbst u.a.

  • eigene medizinischen Unterlagen, über die Sie bereits verfügen,
  • Gesundheits- oder Schmerztagebücher (wie z.B. Verlaufswerte zum Blutdruck oder Blutzucker) oder
  • andere Daten (z.B. aus einem Fitness-Tracker) einpflegen.

Zudem können Sie weiterhin

  • Ihren elektronische Medikamentenplan,
  • den Notfalldatensatz (z.B. zu Allergien, Unverträglichkeiten, etc.) oder
  • Ihre Dokumente zur Vorsorge (wie Ihre Patientenverfügung, Ihre Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung) 

in die ePA einspeichern.

Dasselbe gilt für die

  • Hinterlegung des elektronischen Rezeptes und der elektronischen Überweisungen zur Weiterbehandlung.

 

Ab 2022 soll es möglich sein,

  • den Impfausweis,
  • den Mutterpass,
  • das Untersuchungsheft für Kinder und
  • das Zahnbonusheft

 

in die ePA einzustellen.

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Aktuell können Sie in die ePA jedoch noch nicht alle Unterlagenformate einstellen. Künftig wird aber eine Vielzahl von weiteren Formaten (z.B. PDF, JPG, TIFF, TXT, RTF, DOCX, XLSX, ODT, ODS, XML, HL7 CDA/R2 XML) unterstützt werden, so dass Sie z.B. auch Röntgenbilder, CT- und MRT-Unterlagen speichern und hinterlegen können.

Die Nutzung der elektronischen Patientenakte ist freiwillig und risikolos und wird von uns vollumfänglich empfohlen.  Denn der Zugriff auf die elektronische Patientenakte ist nur Ärzten und anderen Heilberuflern möglich, denen Sie eine Zugriffsberechtigung gegeben haben. Diese Zugriffsberechtigung können Sie zeitlich begrenzen oder auch widerrufen.

Ein wesentlicher Vorteil der elektronischen Patientenakte ist damit der verbesserte Austausch von gesundheitsbezogenen Informationen, insbesondere zur Verbesserung Ihrer gesundheitlichen Versorgung. Allein der Austausch von Dokumenten zwischen Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern wird hierdurch erleichtert. Kommunikationsdefizite können damit erheblich reduziert werden, denn der ärztliche Behandler erhält einen sofortigen Ein- und Überblick über Ihre Krankengeschichte, Befunde, Diagnosen, Laborwerte und anderes. Dabei können gegebenenfalls Doppeluntersuchungen vermieden und im Notfall sofort gehandelt werden kann.

 Aber auch eine Zweitmeinung kann so schnell eingeholt werden.  Auch ein Arztwechsel wird durch die elektronische Patientenakte erleichtert. Schlussendlich können Sie auch im Falle eines Behandlungsfehlers direkt auf die relevanten Unterlagen zugreifen.

Hinsichtlich der Umsetzung soll nach Abschluss der Testphase (Stufe 1, Feldtestphase) eine bundesweite Nutzbarkeit in allen Arztpraxen und Krankenhäusern vorbereitet sein. In Stufe 2 (Roll-out-Phase) sollen alle Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Krankenhäuser mit der elektronischen Patientenakte verbunden werden.

Die flächendeckende Vernetzung sollte im 3. und 4. Quartal 2021 mit dem Abschluss der Stufe 3 erfolgen. Die Krankenhäuser müssen spätestens zum 01.01.2022 eingebunden sein.

Nehmen Sie teil!

Als gesetzlich Krankenversicherte können sich die App Ihrer Krankenkasse für die elektronische Patientenakte in den App-Stores bei Apple und Google herunterladen.  Damit haben Sie die erste Voraussetzung geschaffen, um die elektronische Patientenakte mit Ihrem Smartphone oder Tablet zu nutzen. Hier finden Sie eine eine Übersicht über die ePA-Apps der Krankenkassen.

Zusätzlich benötigen Sie eine sicher zugestellte, gültige und NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte (NFC-eGK) und die dazugehörige PIN. Für die PIN-Zustellung müssen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse identifizieren. Hierfür gibt es je nach Krankenkasse unterschiedliche Möglichkeiten.

Sie benötigen außerdem eine gültige E-Mail-Adresse und natürlich Ihre Krankenversicherungsnummer und es kann losgehen!

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