HAFTUNG dES DURCHGANGSARZTES

Wer haftet bei einem Behandlungsfehler des Durchgangsarztes?

Nach einem Arbeitsunfall erfolgt die Notfall- und Erstversorgung des Verletzten in der Regel durch einen sog. Durchgangsarzt (D-Arzt).
Die D-Ärzte sind durch die Berufsgenossenschaft oder den gesetzlichen Unfallversicherer ausgewählte Spezialisten für Orthopädie und Unfallchirurgie oder Chirurgie mit dem Schwerpunkt „Unfallchirurgie“. Mit den spezialisierten Ärzten soll sichergestellt werden, dass der verletzte Versicherte die beste Behandlung erhält, um so schnell und vollständig genesen in das Arbeitsleben zurückzukehren. Der D-Arzt wird von den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern bestimmt und entscheidet sodann über den weiteren Behandlungsverlauf.

Er hat die Aufgabe, die Behandlung eines Arbeits- und Wegeunfalles für die Berufsgenossenschaft aufzunehmen, die Verletzungsfolgen und den weiteren Therapieverlauf zu bestimmen und zu entscheiden, welche Fachärzte hinzugezogen werden sollen. Er entscheidet für die BG sodann weiter, ob er den Patienten in seiner eigenen Sprechstunde weiterbehandelt oder ob ein Allgemeinarzt die Behandlung von nun an übernimmt und welche Nachschautermine er – bei Weiterbehandlung durch einen anderen Arzt – für die BG durchführt. Hierbei können sowohl bei der Notfallversorgung, aber auch bei der Entscheidung zur Weiterversorgung oder der eigenen Weiterbehandlung durch den D-Arzt Fehlentscheidungen getroffen werden, die zu einem erweiterten, nicht selten schweren Schaden führen können.

In diesen Fällen stellt sich die richtungsweisende Frage nach der Verantwortlichkeit, denn es kommt sowohl die Berufsgenossenschaft selbst, aber in Einzelfällen auch der Arzt als Haftungsverantwortlicher in Betracht. Die Antwort findet der Patient in der Patientendokumentation und ist genau zu prüfen. Denn die falschen Entscheidungen über den richtigen Anspruchsgegner kann schwerwiegende Folgen haben, wie beispielsweise den Prozessverlust und damit verbundene hohe Kosten, da die falsche Partei zur Rechenschaft gezogen wurde. Deshalb ist es von größter Bedeutung, sich von Beginn an von einer spezialisierten Fachanwaltskanzlei beraten zu lassen, denn die Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit des D-Arztes hat hierzu im Jahr 2016 eine wesentliche Konkretisierung erfahren.

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In dem konkretisierenden Urteil des BGH vom 20.12.2016, Az. VI ZR 395/15, an dem unsere Kanzlei auf Klägerseite beteiligt war, stürzte die Klägerin bei ihrer Arbeit als Krankenpflegerin und verletzte sich am linken Bein im Adduktorenbereich. Wegen anhaltend starker Schmerzen hatte sie sich in die Notaufnahme der kommunalen Klinik begeben und sich dort in der durchgangsärztlichen Sprechstunde des Chefarztes vorgestellt, der sich durch einen anderen Klinikarzt vertreten ließ. In dem Durchgangsbericht heißt es als Erstdiagnose „Muskelzerrung rechter Oberschenkel“. Unter „Art der Erstversorgung“ wird die „Beratung, bei Bedarf Ibuhexal 600“ dokumentiert.

Im weiteren Verlauf stellte sich unsere Mandantin erneut in der Klinik vor. Der an diesem Tag in der Notfallaufnahme tätige D-Arzt stellte die Diagnose „Zerrung“ und verordnete ihr weiterhin Ibuhexal 600. Tatsächlich stellte sich in der Folgezeit heraus, dass von Anfang an die Notwendigkeit einer operativen Revision bestand, da am Sitzbein ein Abriss der Sehnenstruktur und im Adduktorenbereich zusätzlich ein Abriss zweier großer Muskelgruppen vorlagen.

Die Klägerin hat den beklagten Ärzten sodann Befunderhebungsfehler bei den beiden Vorstellungsterminen in der Klinik vorgeworfen, um so die gebotene Indikation zur Operation zu stellen. Das Landgericht hatte die Klage gegen die behandelnden Ärzte durch Teilurteil abgewiesen, weil sie als Durchgangsärzte in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig wurden und deshalb nicht passivlegitimiert seien. Auf die Berufung der Klägerin hin hatte das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil mit der Begründung der privatärztlichen Tätigkeit der Behandler losgelöst von dem öffentlichen Amt für die BG vollständig aufgehoben. Hiergegen wandte sich die Revision der Ärzte.

Der Bundesgerichtshof hat unter Aufhebung des Berufungsurteils die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen und festgestellt, dass die beiden Ärzte, die die Klägerin zu Beginn aufsuchte in der Funktion als Durchgangsarzt und damit in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig geworden sind. Der BGH hat in diesem Zusammenhang konkretisiert, dass die vom Durchgangsarzt im Rahmen der Eingangsuntersuchung vorgenommene Untersuchungen zur Diagnosestellung und die anschließende Diagnosestellung als hoheitlich im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG; § 839 BGB zu qualifizieren sind. Selbiges gilt für den Nachschautermin. Hinsichtlich der weiteren Behandlung haben sich die Parteien sodann verglichen.

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Hat der Durchgangsarzt eine öffentlich-rechtliche Entscheidung oder privatrechtliche Behandlung vorgenommen?

Die vorstehende Entscheidung des BGH zeigt die Wichtigkeit der Unterscheidung, in welcher Rolle der D-Arztes dem Patienten gegenübergetreten ist. Da dieser eine Doppelrolle begleitet, kann er sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatärztlich gehandelt haben. Daher ist genau zu prüfen, in welcher Rolle der D-Arzt den Versicherten sah. Hiernach nämlich bestimmt sich, wer der richtige Anspruchsberechtigte in einem Klageverfahren ist.

Handelt der D-Arzt öffentlich-rechtlich, haftet ausschließlich die Berufsgenossenschaft als gesetzliche Unfallversicherung gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG für etwaige Fehlentscheidungen.
Ob der D-Arzt jedoch in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelte, hängt davon ab, ob seine Tätigkeit als solche die (1) Eingangsuntersuchung betrifft und ob diese in einem engen Zusammenhang mit der (2) Eingangsdiagnose steht, oder sich auf eine (3) Nachschau beschränkt. Auch bei der Entscheidung, (4) ob eine allgemeine oder spezielle Heilbehandlung für den verletzten erforderlich ist, erfüllt der D-Arzt die Aufgabe der Berufsgenossenschaft. Daher wird auch diese Entscheidung als „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ betrachtet und lässt die persönliche Haftung entfallen.

Übernimmt der D-Arzt nachdem er diese Entscheidungen für die BG getroffen hat die ärztliche Behandlung selbst, ist dies keine Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 GG. Daher haftet der D-Arzt, der die Behandlung übernimmt und auch durchführt, persönlich für Fehler nach den zivilrechtlichen Bestimmungen des § 630a ff. BGB.

Fazit

Die Erstversorgung des Verletzten gehört zu der öffentlich-rechtlichen Aufgabe des D Arztes, die er für den gesetzlichen Unfallversicherungsträger übernimmt. Kommt es daher bei den vorbereitenden Maßnahmen des D-Arztes bzw. dessen Vertreters oder bei der Erstversorgung und der Nachschau zu Fehlentscheidungen, dann haftet ausschließlich die Berufsgenossenschaft für die hierdurch verursachten Schäden.

Wenn der D-Arzt sodann –nachdem er eine Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Heilbehandlung getroffen hat– im Rahmen der allgemeinen oder besonderen Heilbehandlung die Weiterbehandlung des Verletzten tatsächlich übernimmt und ihm dabei Behandlungsfehler unterlaufen, haftet er nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen persönlich.

Insofern ist das Behandlungsgeschehen ganz genau durch Fachanwälte zu überprüfen, damit die Schadensersatzansprüche gegen den richtigen Anspruchsgegner geltend gemacht werden. Denn werden die Schadensersatzansprüche versehentlich gegen den Arzt in der Ausübung des öffentlichen Amtes geltend gemacht, oder gegen die BG bei tatsächlicher Behandlungsübernahme durch den D-Arzt selbst, dann führt dies zum Prozessverlust und die Schadensersatzansprüche gegen den richtigen Anspruchsgegner können in der Zwischenzeit verjähren.

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