Landgericht Gera, Urteil v. 14.09.2021, Az.: 6 O 1178/17
Wir vertreten in diesem Fall eine kleine Patientin, die völlig gesund geboren wurde. Leider wurde durch die Weihnachtsfeiertage verabsäumt, das Laborergebnis zur Eiweißverträglichkeit abzuwarten und der kleinen Neugeborenen wurde Milch zugefüttert. Alle Zeichen der Unverträglichkeit auf das Milcheiweiß wurden ignoriert, so dass das kleine Mädchen einen schweren Hirnschaden davontrug.
Außergerichtlich haben wir die, hinter der Klinik stehende Haftpflichtversicherung zur Anerkennung des Schadenfalls aufgefordert. Die Haftpflichtversicherung hat unser Begehren abgelehnt und erklärt, keinen Fehler erkennen zu können. Daher mussten wir zur Sicherung der Ansprüche unserer Mandantin vor Gericht klagen. Eine exzellente Universitätsprofessorin wurde durch das Gericht als Gutachterin bestellt, die ein schriftliches Gutachten erstellte und dieses auch mündlich erläuterte. Zweifel an den Fehlern der ärztlichen und nichtärztlichen Behandler blieben danach nicht mehr offen.
Das LG Gera verurteilte die beklagte Klinik daher auf ein Teilschmerzensgeld von 250.000 € und stellte fest, dass die beklagte Klinik darüberhinausgehend für sämtliche kausale immateriellen und materiellen Schäden der Klägerin gegenüber schadenersatzpflichtig ist.
Wir werden außergerichtlich weiteres Schmerzensgeld fordern. Gleichzeitig werden wir die materiellen Schäden, so wie sie unserer Mandantin entstehen werden, insbesondere die vermehrten Bedürfnisse, den Sonderbedarf und zukünftig auch den Verdienstausfall- und Rentenschaden nachfordern. Da die Verantwortlichkeit der Ärzte nunmehr nicht infrage steht, werden diese Forderungen auch außergerichtlich erledigt werden können.
Zu den Gründen der Verurteilung:
Der beklagten Klinik ist eine verspätete Diagnostik der IVA als Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers vorzuwerfen. In Zusammenschau der klinischen Symptomatik und der auffälligen laborchemischen Befunde, bestand bei der Klägerin der höchstgradige Verdacht auf eine Stoffwechselstörung aus dem Formenkreis der Organazidämien. Insbesondere die klinische Symptomatik zusammen mit der respiratorisch kompensierten metabolischen Azidose und der großen Anionenlücke waren neben anderen laborchemischen Befunden wegweisend für die Verdachtsdiagnose einer Isovalerianazidämie (IVA) gewesen. Weitere Befunde zur differentialdiagnostischen Abklärung wurden nicht erhoben, was gegen den neonatologischen Standard verstoßen hat. Die Klägerin wurde weiterhin eiweißreich ernährt, ohne vorher eine IVA auszuschließen. Weiterhin erfolgte keine Verlegung in die Universitätsklinik, was der beklagten Klinik ebenfalls als behandlungsfehlerhaftes Vorgehen vorzuwerfen ist.
Infolge der Behandlungsfehler der beklagten Klinik, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit infolge des Anfalls von toxischen Stoffwechselprodukten im Rahmen der Stoffwechselentgleisung zu einer metabolischen Enzephalopathie mit Hirnödementwicklung und aufgrund der mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit mit der IVA assoziierten Gerinnungs- und Durchblutungsstörung zu einer Kleinhirnblutung mit dauerhaften Hirnschädigung der Klägerin gekommen.
Aus dieser Schädigung heraus erhielt die Klägerin das Teilschmerzensgeld i.H.v. 250.000 € zugesprochen. Gleichzeitig stellte das Gericht fest, dass sämtliche materielle Schadensersatzansprüche, die auf diese kausale Schädigung in der Klinik zurückzuführen sind, für die Vergangenheit und die Zukunft zu zahlen sind.
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Denn wer sich oder seine Kinder impfen lässt, möchte konkret wissen:
Wann liegt eigentlich ein Impfschaden im juristischen Sinn vor?
Muss ich und wenn ja, wie kann ich diesen beweisen?
Wer zahlt, wenn der Impfschaden auftritt und bewiesen wird? Wann haftet der Staat?
Wann haftet der Arzt?
Wann der Hersteller?
Diese Fragen sind juristisch klar zu beantworten.
Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes Ende 2020 hat der Bundesgesetzgeber eine spezielle Regelung für die Covid-19-Impfung getroffen:
Danach hat der Patient Anspruch auf Versorgung, wenn er einen gesundheitlichen Schaden durch eine in Deutschland zugelassenen Corona-Impfung erlitten hat, egal ob es eine Landesbehörde oder die STIKO empfohlen hat.
Wann und wie haftet der Staat für Impfschäden?
Vielmehr erhält der Geschädigte in Abhängigkeit der Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung neben dem Ersatz der Heil- und Krankenbehandlungskosten gegebenenfalls eine monatliche Rente. Bei schweren Fällen ist ein Ausgleich für berufliche Nachteile denkbar.
Wann und wie haftet der Arzt für Impfschäden?
Bei Impfungen in einem Impfzentrum bedarf es einer weiteren Prüfung, ob der Arzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelte, da in diesem Fall die Amtshaftung in Betracht kommt. Diese schließt die zivilrechtliche, vorsatzlose Haftung des Arztes aus.
Sofern das Vertragsverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Träger des jeweiligen Impfzentrums hingegen privatrechtlich zu qualifizieren ist, haftet der Träger des Impfzentrums für Fehler des Arztes.
Wann und wie haftet der Hersteller für Impfschäden?
Bekannte Nebenwirkungen sind nach der geltenden Rechtsprechung vertretbar, wenn das Arzneimittel zugelassen ist. Wie immer gilt es hierbei den Beipackzettel zu beachten. Denn wenn der Hersteller bekannt gewordene Nebenwirkungen in seine Aufklärung und damit in den Beipackzettel aufgenommen hat, ist in der Regel eine Haftung nicht erfolgreich durchsetzbar. Anders beurteilt sich die Sach- und Rechtslage, wenn bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Nebenwirkungen auftreten. Dem Geschädigten obliegt aber auch in diesem Fall der Nachweis der Kausalität, dass der Schaden auf den Impfstoff zurückzuführen ist.
Etwaige Haftungsausschlüsse haben in Bezug auf den Geschädigten keine Relevanz.
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